KCD-Expertise im Bitkom-Leitfaden zur Entscheidung C-394/23
Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache C-394/23 bringt Bewegung in die Praxis der Datenerhebung: Wer bei digitalen Buchungen oder Registrierungen die Anrede „Herr/Frau“ abfragt, muss belegen können, dass diese Information zwingend erforderlich ist. Andernfalls ist die Erhebung nicht zulässig – das hat der EuGH Anfang 2025 klargestellt. Der Bitkom hat dazu einen umfassenden Leitfaden für Unternehmen und öffentliche Stellen veröffentlicht. Mitgewirkt hat auch unsere Kollegin Katharina te Heesen, die ihre juristische Expertise eingebracht und praxisnahe Handlungsempfehlungen mitentwickelt hat.
Was war deine Rolle beim Bitkom-Leitfaden – und worauf hast du besonders Wert gelegt?
Katharina: Ich war für die juristische Analyse des Urteils zuständig und habe den rechtlichen Rahmen so aufbereitet, dass er für verschiedene Zielgruppen verständlich wird. Wichtig war mir, die Anforderungen des EuGH mit praxistauglichen Lösungen zu verbinden – also mit Formulierungshilfen, die sich direkt in Prozessen und Dokumenten anwenden lassen.
Das Urteil stellt klar: Geschlechtsbezogene Daten dürfen nur erhoben werden, wenn sie unverzichtbar für die Vertragserfüllung sind – etwa bei medizinischen Leistungen oder geschlechtsspezifischen Angeboten. Anredepflichtfelder bei der Buchung von Tickets oder im Kundenportal reichen nicht aus.
Vom Grundsatz zur Umsetzung.
Das Urteil bekräftigt den Datenschutzgrundsatz der Datenminimierung gemäß DSGVO. Nur was für den Zweck notwendig ist, darf abgefragt werden – alles andere ist zu unterlassen.
Der Bitkom-Leitfaden liefert konkrete Umsetzungsbeispiele:
- Pflichtfelder zur Anrede vermeiden oder auf Freiwilligkeit umstellen
- „Keine Angabe“ oder geschlechtsneutrale Optionen ergänzen
- Bestandsdaten und IT-Systeme überprüfen
- Datenschutzhinweise anpassen und Widerspruchsmöglichkeiten vorsehen
Welche Bedeutung hat das Urteil für unsere Arbeit im KCD oder im kommunalen Umfeld?
Katharina: Viele Standardprozesse – von der Ticketausstellung bis zur Nutzerregistrierung – müssen jetzt auf den Prüfstand. Wichtig ist, genau zu prüfen, wo Geschlechtsangaben erforderlich sind – und wo nicht. Denn das Urteil gilt für alle, die personenbezogene Daten digital verarbeiten – auch im öffentlichen Sektor.
Gemeinsame Verantwortung – und nächste Schritte.
Gab es Aha-Momente in der Zusammenarbeit mit Bitkom und anderen Autor:innen?
Katharina: Tatsächlich war die große Einigkeit spannend: Viele Organisationen stehen vor denselben Fragen – und konnten in diesem Leitfaden gemeinsam praktikable Lösungen entwickeln.
Wie könnte es intern weitergehen?
Katharina: Das Bewusstsein für die Thematik ist inzwischen da. Jetzt sollten wir mit den Fachbereichen gemeinsam konkrete Schritte planen – zum Beispiel im Hinblick auf bestehende Daten, Formulare oder CRM-Systeme.
Was rätst du anderen, die sich mit geschlechtsneutraler Sprache oder Datenminimierung befassen?
Katharina: Viele geschlechtsbezogene Angaben lassen sich vermeiden, wenn man von Anfang an inklusiv denkt – etwa bei der Gestaltung von Formularen oder der Kommunikation. Datenminimierung bedeutet nicht, weniger zu wissen – sondern nur das zu erheben, was wirklich erforderlich ist.
Fazit: Formulare, Prozesse und Systeme jetzt überprüfen.
Das EuGH-Urteil schafft klare Anforderungen für alle, die personenbezogene Daten erheben – und stärkt zugleich das Ziel einer diskriminierungsfreien digitalen Kommunikation.
Für öffentliche Stellen und Unternehmen bedeutet das: jetzt Prozesse und Systeme überprüfen, bestehende Datenbestände prüfen und gegebenenfalls anpassen. Der Bitkom-Leitfaden bietet dazu eine hilfreiche Orientierung.
Sie möchten mehr über das EuGH-Urteil lesen? Hier geht es zum Bitkom-Leitfaden.